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Winternewsletter 2015

10.12.2014

Editorial

Zum Auftakt des neuen Jahres schauen wir zufrieden auf ein erfolgreiches erstes Jahr 2014 der neuen Förderperiode zurück, in dem sich die Teilprojekte bereits ihren neuen Forschungsfragen widmeten und wir zahlreiche internationale Gäste in unserem Haus begrüßen durften. Schon zum Ende des letzten Jahres, liefen die Vorbereitungen für die 56. Konferenz der „International Study Association“ (ISA) in New Orleans auf Hochtouren, an der der SFB in diesem Jahr zum wiederholten Male teilnehmen wird.

Zunächst berichtet aber im aktuellen Newsletter Daniel Jacob über seine spannenden Erfahrungen als research fellow an der University of Arizona und seiner dortigen Arbeit zu libertären Demokratietheorien. Marianne Beisheim beschäftigt sich in ihrem Beitrag mit dem Wissensaustausch zwischen Wissenschaft und Praxis bezüglich Entwicklungspartnerschaften und Karoline Eickhoff behandelt in ihrem Beitrag die Rolle von Security Sector Reform  als neues außenpolitisches Schwerpunktthema in der Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt.

Voller Spannung richten wir unseren Blick nun auf das anstehende Jahr, insbesondere auf die bevorstehenden Forschungen und Veranstaltungen 2015. Das Jahr wird ganz im Zeichen vertiefender Feldforschung und empirischer Datenerhebung in den Teilprojekten stehen, sodass Sie sich schon jetzt auf neue Berichte und Ergebnisse hierzu freuen dürfen.

Wir freuen uns wie immer auf Ihre Kommentare und wünschen Ihnen alles Gute für das Jahr 2015!


Herzliche Grüße

Ihr

Thomas Risse
Sprecher des SFB 700

Der SFB 700 begrüßt neue Gastwissenschaftler und Gastwissenschaftlerinnen

Girmachew Amene & Shakira Bedoya Sanchez

Girmachew Amene & Shakira Bedoya Sanchez

Jennifer Burrell & Ellen Moodie

Jennifer Burrell & Ellen Moodie

Der SFB empfing in der zweiten Jahreshälfte des letzten Jahres zahlreiche weitere Gäste, die die derzeitige Forschung des SFB mit wichtigen Themenfeldern unterstützten und ergänzten. So konnten wir im September Girmachew Alemu Aneme (Professor am International Law and Policy Institute und der Addis Ababa University School of Law) aus Äthiopien begrüßen, der ein Spezialist im Bereich des internationalen Rechts sowie der Afrikawissenschaften ist und diese beiden Perspektiven im SFB stärkte.

Des Weiteren empfing der Sonderforschungsbereich Jennifer Burrell (Professorin der Anthropologie von der University at Albany / State University of New York) und Shakira Bedoya Sánchez (ehemalige Doktorandin am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht und am Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung). Zudem war im November Ellen Moodie (Professorin der Anthropologie, Latein Amerika und Karibik Studien von der University of Illinois) am SFB zu Gast und brachte ihre Expertise zu Governance in Zentral- und Mittelamerika in unsere Forschung ein.

Internationaler Workshop zu Gender Equality und Governance

Präsentation während des Workshops

Präsentation während des Workshops

Vom 31. Oktober bis 1. November 2014 fand ein internationaler Workshop zum Thema „Why is Gender Equality Good for Governance?” in Kooperation zwischen dem SFB 700 und  Prof. Dr. Amy C. Alexander, Politikwissenschaftlerin an der Universität Göttingen statt. Der Workshop richtete sich an  interdisziplinäre Wissenschaftler_innen weltweit. Seinen Ausgangspunkt bildete das Paper „Taking the State (Back) Out? Statehood and the Delivery of Collective Goods. Governance“ (2014) von Lee, M. M., Walter-Drop, G. und Wiesel, J. aus deren Ergebnissen hervorgeht, dass die Ermächtigung von Frauen im Gegensatz zu Staatlichkeit einen signifikanten Einfluss auf Governance hat. Die Teilnehmenden des Workshop kamen vorrangig aus den USA, den Niederlanden, Marokko sowie aus Bosnien-Herzegowina und diskutierten angeregt in 5 verschiedenen Panels auf Basis quantitativ sowie qualitativ erhobener Studien mit einem Fokus auf die Länder Subsahara-Afrikas. Thematische Schwerpunkte bildeten die Fragen nach der Auswirkung von Gender-Gleichheit auf Korruption, dem Einfluss von Gender auf die politische Mitbestimmung, dem Empowerment von Frauen in muslimisch geprägten Gesellschaften sowie zu den Einflüssen patriarchischer Normen generell. Im Besonderen wurde (in Bezug auf das Thema Korruption und Governance) debattiert, ob Frauen durch eine fehlende bzw. geringere Einbindung in politische Netzwerke einen Beitrag mit höherer Integrität zu Governance leisten als Männer. Nicht zuletzt wurde darauf verweisen, dass neben Frauen auch Männer auf Grund ihres Geschlechts diskriminiert werden und dies (auf internationaler Ebene) mehr Beachtung finden sollte.


Der SFB 700 zu Gast auf der Global International Studies Conference 2014

SFB700-Stand auf der 4. Global International Studies Confernce

SFB700-Stand auf der 4. Global International Studies Confernce

Vom 6. – 9. August 2014 fand die vierte „Global International Studies Conference“, erstmalig in Deutschland, statt. Sie wurde in den Räumlichkeiten der Goethe Universität in Frankfurt am Main veranstaltet und der SFB 700 war über den gesamten Konferenzzeitraum mit einem Informations- und Bücherstand vertreten. Daniel Jacob, Mitarbeiter im Teilprojekt B9 des SFB 700 hielt zudem im Panel „Jus Post Bellum – The Rights and Duties of External Peacebuilders“ einen Vortrag zu "Justice through Foreign Rule? On the Moral Justifiability of International Transitional Administration“.

Buchvorstellung im Auswärtigen Amt zur aktuellen Sonderausgabe des Journals Governance

Buchvorstellung im Auswärtigem Amt

Buchvorstellung im Auswärtigem Amt

Das Special Issue der Zeitschrift Governance “External Actors, State-Building, and Service Provision in Areas of Limited Statehood” (Hrsg. Stephen D. Krasner, Thomas Risse) wurde am 8. Dezember 2014 im Auswärtigen Amt vor einem gemischten Fachpublikum aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft besprochen. Das Governance Special Issue wurde von Thomas Risse, als einer der Herausgeber und Sprecher des SFB 700, vorgestellt und von Botschafter Georg Wilfried Schmidt, Regionalbeauftragter für Subsahara-Afrika und Sahel im Auswärtigen Amt, diskutiert. Als weitere Autoren/innen des Special Issue aus dem SFB 700 nahmen Prof. Dr. Tanja Börzel und Dr. Gregor Walter-Drop an der Veranstaltung teil. Die Moderation wurde von Dirk Lölke, Leiter des Referats 300 im Auswärtigen Amt übernommen.

Das Special Issue identifiziert Erfolgsbedingungen von Governance-Leistungen externer Akteure in Räumen begrenzter Staatlichkeit. Im Rahmen der Buchvorstellung wurden insbesondere die Policy-Implikationen der Ergebnisse und ihre Anschlussfähigkeit an die deutsche Außenpolitik diskutiert. Die Buchvorstellung geht dabei aus der neu etablierten Kooperation des SFB 700 in Form des Transferprojekts T3 mit dem Auswärtigen Amt hervor. Das Transferprojekt zielt darauf ab, in einem wechselseitigen Wissensaustausch Forschungsergebnisse des SFB in die Praxis einzubringen und umgekehrt Praxisexpertise des Auswärtigen Amtes in die Arbeit des Transferprojektes einfließen zu lassen.

Demokratietheorie in der Wüste

Ort libertärer Demokratie: Arizona, USA.

Ort libertärer Demokratie: Arizona, USA.

Tief im Südwesten der USA, knapp vor der Grenze zu Mexiko, liegt die University of Arizona. Fernab der efeubehangenen Ostküste versteckt sich hier in der Wüste Arizonas eines der besten Departments für politische Philosophie in den USA. Dies war der Grund, warum ich von Oktober bis Dezember 2014 als “visiting scholar” zu Gast in Arizona war.

Im Rahmen des SFBs arbeite ich an der Frage, wie bzw. auf welche Weise sich in Räumen begrenzter Staatlichkeit der Anspruch auf demokratisches Regieren verwirklichen lässt. Diese Fragestellung macht es erforderlich, die uns wohl vertraute Vorstellungen staatlicher Demokratie abzulegen, um so zu einem Verständnis von Demokratie gelangen zu können, das nicht immer schon den Staat voraussetzt. Im Austausch mit Thomas Christiano, einem der wichtigsten gegenwärtigen Demokratietheoretiker in den USA, ging es mir während meiner Zeit in Arizona vor allem darum, ein solches bewusst abstraktes Verständnis der Demokratie zu entwickeln – ohne dabei das normative Anliegen der Demokratie aufzugeben, alle Mitglieder eines politischen Gemeinwesens als Gleiche an kollektiv verbindlichen Entscheidungen zu beteiligen.

Obwohl ich dies nicht geplant hatte, bot der Aufenthalt in Arizona aber zudem auch einen Anlass, in ungewohnten Bahnen über die Rolle des Staates für politische Gemeinwesen nachzudenken. Denn anders als in Deutschland und weiten Teilen Europas gibt es in den USA und gerade an der University of Arizona noch echte “Libertäre”, politische Theoretiker also, die im Anschluss an Autoren wie F.A. Hayek und Robert Nozick einen Freiheitsbegriff vertreten, der staatliche Eingriffe nur in äußerst eingeschränktem Maße zulässt. Für diese Art libertären Denkens – dessen praktische politische Bedeutung sich heute in den USA vor allem an dem Phänomen der “Tea Party” ablesen lässt – erscheint nicht-staatliche Governance nicht als Defekt, sondern ganz im Gegenteil als normativ erstrebenswerter Zustand. Dabei bestreiten auch libertäre Autoren nicht, dass es für bestimmte Funktionen aus normativen Gründen eines Staates bedarf, doch drehen sie in Zuspitzung klassisch-liberaler Vorstellungen staatlicher Legitimität in gewisser Weise die Beweislast um: Zu zeigen gilt es demnach, warum staatliche Governance nicht-staatlichen Formen des Regierens überlegen ist. Ohne sich die libertäre Perspektive zu eigen machen zu müssen, war mein Aufenthalt in den USA insofern auch ein schöner Anlass, liebgewonnene normative Selbstverständlichkeiten im Denken über den Staat noch einmal neu bzw. anders zu hinterfragen.

Über den Autor:

Dr. Daniel Jacob arbeitet als Postdoc im Teilprojekt B9 des SFB. Im Oktober 2014 ist seine Dissertation bei Palgrave Macmillan unter dem Titel Justice and Foreign Rule. On International Transitional Administrations erschienen.

Security Sector Reform als neues Schwerpunktthema der Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt

Angesichts der Vielzahl der akuten Krisen in der Welt, hat das Thema Security Sector Reform in der deutschen Außenpolitik Hochkonjunktur. Der klassische Instrumentenkasten des Auswärtigen Amtes im Umgang mit Krisen in Räumen begrenzter Staatlichkeit steht auf dem Prüfstand. Wie sind die außenpolitischen Instrumente an neue strategische Ziele anzupassen? Welche Reichweite hat die Zivile Krisenprävention im Umgang mit aktuellen Krisen? Und wie kann mit möglichen normativen Zielkonflikten in Räumen begrenzter Staatlichkeit, etwa zwischen Demokratisierung und Stabilisierung, umgegangen werden? Diese und ähnliche Fragen bewegen das Auswärtige Amt unter anderem im Rahmen des Prozesses „Review 2014 – Außenpolitik weiter denken“. Das Transferprojekt T3 des SFB 700 knüpft mit Beiträgen zum nächsten Schwerpunktthema Security Sector Reform an diesen Prozess an.

Security Sector Reform zielt darauf ab, Staaten darin zu unterstützen, ihre Sicherheitsarchitektur gemäß demokratischen Prinzipien und den Grundsätzen einer rechenschaftspflichtigen Regierungsführung zu gestalten. Die Reformagenda von SSR ist holistisch und weist Überschneidungen mit Aspekten der Rechtsstaats- und Demokratieförderung auf. Angeregte wissenschaftliche und politische Diskussionen ranken sich um das Reformkonzept, da die Diskrepanz zwischen den idealtypischen standardisierten policy-Vorgaben und der praktischen einzelfallbezogenen Umsetzung von SSR-Maßnahmen immer deutlicher wird. Empirische Wirkungsstudien werden nur vereinzelt durchgeführt. Wenig ist bekannt zu Erfolgsfaktoren von SSR-Maßnahmen und zu kausalen Zusammenhängen zwischen Sicherheit und Entwicklung. Darüber hinaus gibt es zunehmende Kritik am Konzept, etwa hinsichtlich grundsätzlicher Fragen zur „Reisefähigkeit“ internationaler Standards demokratischer Sicherheits-Governance in Räume begrenzter Staatlichkeit und zu mangelhafter Implementierung von local ownership Prinzipien internationaler SSR-Interventionen.

Eine kürzlich zwischen AA, BMI, BMVg und BMZ abgestimmte „Ressortübergreifende Handlungsanleitung der AG SSR“ (Arbeitsgruppe Sicherheitssektorreform) soll dazu beitragen, die Zusammenarbeit im Bereich SSR zwischen den Ressorts im Sinne des Vernetzten Ansatzes zu verbessern und SSR als Querschnittsaufgabe zwischen den Politikfeldern zu verankern. Das Transferprojekt wird an der weiteren konzeptionellen Ausrichtung von SSR im deutschen Kontext – auf Basis der Handlungsanleitung – unter anderem im Rahmen von Expertengesprächen, unter der Federführung des Auswärtigen Amtes, mitwirken.

Die Beiträge des Transferprojektes sollen für die außenpolitische Praxis handlungsrelevant sein und zur systematischen, umsetzungsorientierten Aufbereitung von Themen beitragen. Aus diesem Grund wird ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit des Transferprojektes auf Fragen der operativen Umsetzung von SSR liegen. Anhand von SSR-Fallstudien soll eine Diskussion zur Wirkungsmessung und zu Erfolgsfaktoren von SSR-Maßnahmen angestoßen und begleitet werden.

Als unabhängige Forschungseinrichtung hat der SFB 700 über das Transferprojekt die Möglichkeit, eine Plattform für verschiedene Akteure aus Wissenschaft und Praxis bereit zu stellen, auf der konzeptionelle und operative Fragen der deutschen Außenpolitik – nicht nur zu SSR – ergebnisoffen diskutiert werden können. Der SFB 700 kann mit seiner Grundlagenforschung zu Erfolgsbedingungen von Governance-Transfers, zur Reaktion lokaler Sicherheitssektoren auf externe Interventionen und zu Fragen der Meta-Governance wichtige Beiträge zu diesem Dialog leisten.

Über die Autorin:

Karoline Eickhoff ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Teilprojekt T3 zu den Policy-Implikationen der Governance Forschung für die deutsche Außenpolitik, welches mit dem Auswärtigen Amt kooperiert. Sie arbeitet zum Schwerpunkt der Security Sector Forschung.

Partnerschaften für nachhaltige Entwicklung: Unabhängige Forschung im wechselseitigen Wissensaustausch mit der Praxis

Das Team des D1 Projekts auf dem ACUNS Jahrestreffen 2014

Das Team des D1 Projekts auf dem ACUNS Jahrestreffen 2014

Das Teilprojekt D1 des SFB 700 arbeitet zu Partnerschaften für nachhaltige Entwicklung und fragt, was die Erfolgsbedingungen für deren Governance-Leistungen in Räumen begrenzter Staatlichkeit sind. In sogenannten Multi-Stakeholder Partnerschaften schließen sich staatliche und nichtstaatliche Akteure zusammen, um gemeinsam ihre Ziele besser erreichen zu können. Dazu hatte der damalige Generalsekretär der Vereinten Nationen (VN), Kofi Annan, 2002 im Rahmen des Weltgipfels für nachhaltige Entwicklung aufgerufen, als deutlich wurde, dass es mit der staatlichen Umsetzung nachhaltiger Entwicklung haperte. Aber auch unter den Partnerschaften ist nur ein Teil wirklich erfolgreich, d.h. erzielt neben Output auch langfristigen und breitenwirksamen Impact. Auch deshalb ist das Instrument mittlerweile umstritten. Dennoch greift die Politik gerne darauf zurück. Die öffentlichen Kassen sind leer, und nicht zuletzt deshalb setzt man auf die materiellen und immateriellen Ressourcen privater Partner. Die VN können zudem über Partnerschaften mit nichtstaatlichen Akteuren die Umsetzung auch dort vorantreiben, wo die VN-Mitgliedstaaten unwillig oder nicht fähig sind, dies zu tun – so auch in Räumen begrenzter Staatlichkeit. Viele schwache Entwicklungsländer haben auch großes Interesse an Partnerschaften. Gegner werfen den VN jedoch den „Ausverkauf“ der Weltorganisation vor und kritisieren den aus ihrer Sicht steigenden Einfluss multinationaler Konzerne.

Die Ergebnisse des D1 Projektes bringen Differenzierung in die Frontstellung zwischen Befürwortern und Gegnern von Partnerschaften. Unsere Ergebnisse zeigen, dass Partnerschaften weder eine Wunderwaffe sind, die überall und umstandslos funktioniert, noch sind sie grundsätzlich bösartige Versuche der Privatisierung ohne entwicklungspolitischen Mehrwert für die lokale Bevölkerung. Vielmehr zeigt sich, dass der Erfolg von Partnerschaften in Räumen begrenzter Staatlichkeit sehr voraussetzungsvoll ist. Ihr Wirken unterliegt bestimmten Erfolgsfaktoren, sowohl externen Bedingungen im Raum begrenzter Staatlichkeit als auch internen Design- und Managementfragen (siehe Beisheim und Liese 2014). Diese Ergebnisse stellte das D1 Projekt auch aktiv auf mehreren politischen Foren vor.

So war die Teilprojektleiterin Marianne Beisheim Themenpatin zu den „globalen Partnerschaften“ der Zukunftscharta des BMZ. Ein halbes Jahr hat sie einen breiten Diskussionsprozess und die Erarbeitung des Abschlussdokuments begleitet. Statt – wie zunächst geplant – neue Partnerschaften zu initiieren, riet sie dazu, das Rad nicht ständig neu zu erfinden, sondern erst einmal die Erfolge und Erfolgsbedingungen der existierenden Partnerschaften zu evaluieren und dann entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen. So wurden im Rahmen des Dialogprozesses Kriterien erarbeitet, die an Partnerschaften angelegt werden sollten. Dabei wurden auch die empirischen Forschungsergebnisse des Teilprojektes D1 berücksichtigt, nicht zuletzt auch, weil sie mit den Erfahrungen vieler am Prozess beteiligter Entwicklungsorganisationen und NGOs übereinstimmten und entsprechend positiv aufgenommen wurden.

In der dritten Förderperiode des SFB 700 erforscht das D1 Projekt, inwiefern die Erfahrungen mit den Erfolgsbedingungen für einen nachhaltigen Impact von Partnerschaften nun von staatlichen oder nichtstaatlichen Akteuren aufgegriffen werden und welche Konsequenzen dies hat. Dabei interessiert das Projektteam besonders, inwiefern Akteure eine entsprechende Meta-Governance – also Kriterien und Regularien – für Partnerschaften fordern bzw. diese selbst entwickeln und wie sie dies begründen.

Bei den Vereinten Nationen tut sich in dieser Hinsicht einiges. In der Nachfolge der Rio+20-Konferenz und in Vorbereitung der Post-2015-Agenda für nachhaltige Entwicklung haben die VN ein neues Register für freiwillige Initiativen und Partnerschaften aufgelegt und die Registrierung mit Anforderungen und Berichtspflichten verknüpft. Diskutiert wird darüber hinaus auch ein Rechenschaftsmechanismus, der nicht nur die staatliche Implementierung nachhaltiger Entwicklung überprüfen, sondern auch eine institutionelle Plattform für die Umsetzung durch Partnerschaften umfassen soll. Sowohl beim 2014er Jahrestreffen des Academic Council on the United Nations System (ACUNS) als auch beim zweiten Treffen des neuen VN Hochrangigen Politischen Forums zu nachhaltiger Entwicklung im Juli 2014 beim VN Wirtschafts- und Sozialrat in New York, hat das Teilprojekt erste Überlegungen hierzu präsentiert. Das Interesse an Gestaltungsideen ist groß – einerseits wollen die VN ihr Engagement für Partnerschaften im Kontext der Post-2015 Agenda weiter ausbauen, auch weil viele Entwicklungsländer dies fordern, andererseits ist die Skepsis gegenüber Partnerschaften bei kritischen Beobachtern v.a. aus der Zivilgesellschaft noch gewachsen. Daher sind die VN politisch unter Druck, ihre Partnerschaften stärker zu steuern und zu überprüfen.

Das Teilprojekt profitiert von diesem Praxisbezug und Wissensaustausch: So ergibt sich die Chance, in einen engeren Dialog zu treten und dabei ein vertieftes Verständnis zu entwickeln, was allein über Forschungsinterviews nur schwer möglich wäre. Gleichzeitig ist sich das Projektteam darüber bewusst, dass eine Vermischung von Forschung und Beratung vermieden werden muss: Wenn das Projekt beforschen will, ob, warum und wie ausgewählte Akteure die Arbeit von Partnerschaften sehen und zukünftig durch Meta-Governance gestalten wollen, muss der Wissensaustausch mit diesen Akteure zunächst zurück gestellt werden. Letztlich profitieren auch die Praxisakteure von der kritischen Distanz, die die Forscherperspektive mit sich bringt: Sie bekommen nach Abschluss der Forschung eine unabhängige Einschätzung, die zudem auch Fragen abdeckt, die sie selbst nicht unbedingt gestellt hätten.

 

Über die Autor/innen:

Dr. Marianne Beisheim leitet das Teilprojekt D1 zu den Erfolgsbedingungen transnationaler Entwicklungs- partnerschaften. Nils Simon ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im D1 Projekt. Beide arbeiten in der Forschungsgruppe „Globale Fragen“ der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP).

Neuerscheinungen aus dem SFB 700

Monographien und Sammelbände

  Kötter, Matthias/Röder, Tilmann J./Schuppert, Gunnar F./Wolfrum, Rüdiger (Hrsg.) 2015: Non-State Justice Institutions and the Law: Decision-Making at the Interface of Tradition, Religion and the State, Palgrave Macmillan.
Börzel, Tanja A./van Hüllen Vera (Hrsg.) 2015: Governance Transfer by Regional Organizations: Patching Together a Global Script, Palgrave Macmillan.
Jacob, Daniel 2014: Jusitice and Foreign Rule - On International Transitional Administration, Palgrave Macmillan.
Beisheim, Marianne/Liese, Andrea (Hrsg.) 2014: Transnational Partnerships: Effectively Providing for Sustainable Development?, Palgrave Macmillan.
Krasner, Stephen/Risse, Thomas 2014: Special issue: External Actors, State-Building, and Service Provision in Areas of Limited Statehood, in: Governance, October 2014, 27:4.
Livingston, Steven/Walter-Drop, Gregor (Hrsg.) 2014: Bits and Atoms. Information and Communication Technology in Areas of Limited Statehood, Oxford University Press.
Daxner, Michael 2013: Deutschland in Afghanistan, BIS-Verlag

SFB Working Paper Series

Börzel, Tanja A./Van Hüllen, Vera 2014: External State-Building and Why Norms Matter - The European Union’s Fight against Corruption in the Southern Caucasus.

Elliesie, Hatem 2014: Binnenpluralität des Islamischen Rechts - Diversität religiöser Normativität rechtsdogmatisch und -methodisch betrachtet.

Ickler, Christian 2014: “Limits of Control – Challenges to Spatiotemporal Analysis of Sub-state War”, November 2014

Jetschke, Anja 2014: "Governance Transfer by the Association of Southeast Asian Nations (ASEAN)“

Impressum

Kontakt

Freie Universität Berlin
Sonderforschungbereich (SFB) 700
Alfried-Krupp-Haus Berlin
Binger Str. 40
14197 Berlin
Germany

Tel.: +49-30-838 58502
Fax: +49-30-838 58540
E-Mail: sfb700@fu-berlin.de

Web: www.sfb-governance.de
Redaktion: Eric Stollenwerk/Alexandra Konzack

Leitung des SFB 700

Sprecher: Prof. Dr. Thomas Risse
Sprecher: Prof. Dr. Stefan Rinke
Wiss. Geschäftsführer: Eric Stollenwerk, M.A.

Forschungsprogramm des SFB 700

Governance ist zu einem zentralen Thema sozialwissenschaftlicher Forschung geworden. Der SFB 700 fragt nach den Bedingungen von Governance in Räumen begrenzter Staatlichkeit, d.h. in Entwicklungs und Transformationsländern, zerfallen(d)en Staaten in den Krisenregionen der Welt oder, in historischer Perspektive, verschiedenen Kolonialtypen.

Die Hauptforschungsfragen des SFB 700 sind:
Unter welchen Bedingungen entsteht effektives und legitimes Regieren in Räumen begrenzter Staatlichkeit?
Welche Probleme gehen damit einher?
Welche Auswirkungen kann eine so verstandene Governance auf nationale und internationale Politik haben?

Der SFB 700, gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), hat seine Arbeit 2006 aufgenommen.
 

Partnerorganisationen des SFB 700