Partnerschaften für nachhaltige Entwicklung: Unabhängige Forschung im wechselseitigen Wissensaustausch mit der Praxis
News vom 15.07.2014
Das Teilprojekt D1 des SFB 700 arbeitet zu Partnerschaften für nachhaltige Entwicklung und fragt, was die Erfolgsbedingungen für deren Governance-Leistungen in Räumen begrenzter Staatlichkeit sind. In sogenannten Multi-Stakeholder Partnerschaften schließen sich staatliche und nichtstaatliche Akteure zusammen, um gemeinsam ihre Ziele besser erreichen zu können. Dazu hatte der damalige Generalsekretär der Vereinten Nationen (VN), Kofi Annan, 2002 im Rahmen des Weltgipfels für nachhaltige Entwicklung aufgerufen, als deutlich wurde, dass es mit der staatlichen Umsetzung nachhaltiger Entwicklung haperte. Aber auch unter den Partnerschaften ist nur ein Teil wirklich erfolgreich, d.h. erzielt neben Output auch langfristigen und breitenwirksamen Impact. Auch deshalb ist das Instrument mittlerweile umstritten. Dennoch greift die Politik gerne darauf zurück. Die öffentlichen Kassen sind leer, und nicht zuletzt deshalb setzt man auf die materiellen und immateriellen Ressourcen privater Partner. Die VN können zudem über Partnerschaften mit nichtstaatlichen Akteuren die Umsetzung auch dort vorantreiben, wo die VN-Mitgliedstaaten unwillig oder nicht fähig sind, dies zu tun – so auch in Räumen begrenzter Staatlichkeit. Viele schwache Entwicklungsländer haben auch großes Interesse an Partnerschaften. Gegner werfen den VN jedoch den „Ausverkauf“ der Weltorganisation vor und kritisieren den aus ihrer Sicht steigenden Einfluss multinationaler Konzerne.
Die Ergebnisse des D1 Projektes bringen Differenzierung in die Frontstellung zwischen Befürwortern und Gegnern von Partnerschaften. Unsere Ergebnisse zeigen, dass Partnerschaften weder eine Wunderwaffe sind, die überall und umstandslos funktioniert, noch sind sie grundsätzlich bösartige Versuche der Privatisierung ohne entwicklungspolitischen Mehrwert für die lokale Bevölkerung. Vielmehr zeigt sich, dass der Erfolg von Partnerschaften in Räumen begrenzter Staatlichkeit sehr voraussetzungsvoll ist. Ihr Wirken unterliegt bestimmten Erfolgsfaktoren, sowohl externen Bedingungen im Raum begrenzter Staatlichkeit als auch internen Design- und Managementfragen (siehe Beisheim und Liese 2014). Diese Ergebnisse stellte das D1 Projekt auch aktiv auf mehreren politischen Foren vor.
So war die Teilprojektleiterin Marianne Beisheim Themenpatin zu den „globalen Partnerschaften“ der Zukunftscharta des BMZ. Ein halbes Jahr hat sie einen breiten Diskussionsprozess und die Erarbeitung des Abschlussdokuments begleitet. Statt – wie zunächst geplant – neue Partnerschaften zu initiieren, riet sie dazu, das Rad nicht ständig neu zu erfinden, sondern erst einmal die Erfolge und Erfolgsbedingungen der existierenden Partnerschaften zu evaluieren und dann entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen. So wurden im Rahmen des Dialogprozesses Kriterien erarbeitet, die an Partnerschaften angelegt werden sollten. Dabei wurden auch die empirischen Forschungsergebnisse des Teilprojektes D1 berücksichtigt, nicht zuletzt auch, weil sie mit den Erfahrungen vieler am Prozess beteiligter Entwicklungsorganisationen und NGOs übereinstimmten und entsprechend positiv aufgenommen wurden.
In der dritten Förderperiode des SFB 700 erforscht das D1 Projekt, inwiefern die Erfahrungen mit den Erfolgsbedingungen für einen nachhaltigen Impact von Partnerschaften nun von staatlichen oder nichtstaatlichen Akteuren aufgegriffen werden und welche Konsequenzen dies hat. Dabei interessiert das Projektteam besonders, inwiefern Akteure eine entsprechende Meta-Governance – also Kriterien und Regularien – für Partnerschaften fordern bzw. diese selbst entwickeln und wie sie dies begründen.
Bei den Vereinten Nationen tut sich in dieser Hinsicht einiges. In der Nachfolge der Rio+20-Konferenz und in Vorbereitung der Post-2015-Agenda für nachhaltige Entwicklung haben die VN ein neues Register für freiwillige Initiativen und Partnerschaften aufgelegt und die Registrierung mit Anforderungen und Berichtspflichten verknüpft. Diskutiert wird darüber hinaus auch ein Rechenschaftsmechanismus, der nicht nur die staatliche Implementierung nachhaltiger Entwicklung überprüfen, sondern auch eine institutionelle Plattform für die Umsetzung durch Partnerschaften umfassen soll. Sowohl beim 2014er Jahrestreffen des Academic Council on the United Nations System (ACUNS) als auch beim zweiten Treffen des neuen VN Hochrangigen Politischen Forums zu nachhaltiger Entwicklung im Juli 2014 beim VN Wirtschafts- und Sozialrat in New York, hat das Teilprojekt erste Überlegungen hierzu präsentiert. Das Interesse an Gestaltungsideen ist groß – einerseits wollen die VN ihr Engagement für Partnerschaften im Kontext der Post-2015 Agenda weiter ausbauen, auch weil viele Entwicklungsländer dies fordern, andererseits ist die Skepsis gegenüber Partnerschaften bei kritischen Beobachtern v.a. aus der Zivilgesellschaft noch gewachsen. Daher sind die VN politisch unter Druck, ihre Partnerschaften stärker zu steuern und zu überprüfen.
Das Teilprojekt profitiert von diesem Praxisbezug und Wissensaustausch: So ergibt sich die Chance, in einen engeren Dialog zu treten und dabei ein vertieftes Verständnis zu entwickeln, was allein über Forschungsinterviews nur schwer möglich wäre. Gleichzeitig ist sich das Projektteam darüber bewusst, dass eine Vermischung von Forschung und Beratung vermieden werden muss: Wenn das Projekt beforschen will, ob, warum und wie ausgewählte Akteure die Arbeit von Partnerschaften sehen und zukünftig durch Meta-Governance gestalten wollen, muss der Wissensaustausch mit diesen Akteure zunächst zurück gestellt werden. Letztlich profitieren auch die Praxisakteure von der kritischen Distanz, die die Forscherperspektive mit sich bringt: Sie bekommen nach Abschluss der Forschung eine unabhängige Einschätzung, die zudem auch Fragen abdeckt, die sie selbst nicht unbedingt gestellt hätten.
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Über die Autor/innen: Dr. Marianne Beisheim leitet das Teilprojekt D1 zu den Erfolgsbedingungen transnationaler Entwicklungs- partnerschaften. Nils Simon ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im D1 Projekt. Beide arbeiten in der Forschungsgruppe „Globale Fragen“ der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). |